Die Mutter terrorisiert ihre Kinder, der Vater trinkt
– wenn er überhaupt da ist. Aber ›das Mädchen‹ arbeitet sich
mit Mut und unbeugsamem Lebenswillen durch die niederdrückenden
Verhältnisse einer Jugend und rettet sich in »Brehms Tierleben«
und Grimms Märchen. Schon am Anfang scheint hier alles zu Ende zu
sein, aber ist das Ende doch ein Anfang? Mit ihrer klaren, knappen,
präzisen Prosa, großer Lakonie und trockenem Humor versetzt
Angelika Klüssendorf den Leser in eine Kindheitswelt, die das
Kindsein kaum zulässt – und in der sich ›das Mädchen‹ dennoch
behauptet. (Klappentext)
Vor drei Jahren (2011), war das Mädchen für den
deutschen Buchpreis nominiert und da mein Freund einen Artikel über
dieses Buch gelesen hat, dachte er, dies würde mir gefallen und
schenkte es mir als Leselektüre für unseren gemeinsamen Urlaub.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nie etwas von
diesem Buch gehört und das stellte sich echt als eine Schande
heraus. Es ist ein unglaubliches Literarisches Werk über das
grausame Aufwachsen eines namenlosen Mädchens in der DDR, zwischen
trinkender und prügelnder Mutter, dem Kinderheim und dem gnadenlosen
Staatsapparat.
Mehr als erschreckend und realistisch, ist das Leiden
des kleinen, mageren Mädchens zu lesen, wie es von ihrer, zu
jederzeit gewaltbereiten und sadistischen Mutter, gequält und
misshandelt wird. Wie sie die Gewalt gegenüber ihren kleinen Bruder,
fast gleichgültig aufnimmt, nur mit der Erleichterung, diesmal nicht
der Mittelpunkt des Gewaltniedergangs zu sein.
Bei dem Versuch zu Überleben und sich irgendwie ihrer
eigenen Würde zu bewahren, läuft sie mehrmals von zu Hause weg und
fängt an zu klauen. Natürlich mit dem Ausgang irgendwann erwischt
zu werden und im Heim zu landen. Mich selber hat es ein wenig
erstaunt das bei dem, immer wieder erklärten, äußerlichem Zustand
des Mädchens, niemand von den Lehrern sich dazu verpflichtet gefühlt
hat, dies dem Jugendamt oder der Polizei zu melden. Aber ich bin auch
nicht in der DDR aufgewachsen und weiß dadurch nichts über die
damaligen Verfahrensweisen.
Mich hat dieses Buch sehr berührt und erinnerte mich an
Bücher wie: „Sie nannten mich Es“ (Dave Pelzer), „Der
verlorene Sohn“ (Dave Pelzer) oder „Ich bin nicht mehr eure
Tochter“ (Karin Jäckel).
Leider gibt es bei diesem 194 Seiten Buch, kein Nach
oder Vorwort, wodurch es sich nirgendwo her erschließen lässt, ob
diese Geschichte auf teilweisen erlebten eigenen Erfahrungen aufbaut.
Ich selber finde, das die niedergeschriebenen Gefühle und Gedanken,
extrem realistisch und glaubwürdig rüber kommen und ich denke, dass
es sehr schwer sein muss, selber nichts davon erlebt zu haben.
Einen kleinen Punkteabzug muss ich dem Buch leider
jedoch geben. Denn es endet quasi mitten in der Geschichte. Als wäre
die Autorin nur fix eine rauchen gegangen und würde dann weiter
schreiben wollen. Mittlerweile gibt es ja tatsächlich einen zweiten
Band ( Erschienen: Februar 2014), welcher „April“ heißt, was man
aber die letzten drei Jahre, aufgrund des fehlenden Nachwortes nicht
erahnen konnte.
Von mir erhält dieses wirklich berührende literarische
Werk 94 von 100 Punkten und somit 5 von 5 Sternen. Ich empfehle es
allen, die mit Erfahrungen und Kinderschicksalen umgehen können und
sich dafür interessieren.
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